Seit unserem letzten Blogeintrag sind einige Tage und Wochen ins Land gezogen. Eigentlich hatte ich die Website und den Blog für mich persönlich schon abgeschrieben. Doch weil einige Menschen, vor allem Freunde und Bekannte aus Rogers Umfeld und unsere Familien, den Blog angeblich regelmässig besuchen und die Berichte gerne lesen, habe ich mich umentschieden. Und natürlich auch, weil ich das Schreiben einfach liebe und es mir grosse Freude bereitet.
Nach meinem letzten Blogeintrag hatte ich ein psychisches Tief. Ich habe unsere gesamte Gesellschaft, unsere Welt und unser Handeln einfach nicht mehr ausgehalten. Auf La Palma hatte ich meinen geliebten Tolino E-Reader bei einem Picknick-Platz liegen lassen. Als ich es bemerkte, war es natürlich bereits zu spät und der Tolino nicht mehr an seinem Platz. Und obwohl im Tolino meine Adresse, E-Mail und Tel Nummer (mit der Internationalen Vorwahl) auf einem Kleber notiert waren, hat sich der Finder oder die Finderin nicht bei mir gemeldet. Ich konnte und kann es heute noch nicht verstehen, dass er oder sie meinen Tolino einfach für sich behalten hat. Falls es ein Spanier war, kann er mit den deutschsprachigen Büchern sowieso nichts anfangen. Roger hat mir den Tolino vor etwas mehr als zwei Jahren geschenkt. Es ist zwar nur ein Gegenstand, doch es hängen viele Erinnerungen daran und ich schwimme auch nicht gerade im Geld. Ich habe in meinem Leben schon mehrmals Handys und Portemonnaies gefunden und diese immer dem Besitzer persönlich übergeben, geschickt oder auf den nächsten Polizeiposten gebracht. "Karma is a bitch" - sagt man doch so schön.
Weiter habe ich mich während meinem Tief gefragt, ob sich eigentlich überhaupt Jemand auf dieser Welt wirklich für mich interessiert? Nicht einfach nur meine Blogeinträge liest, sondern sich für den Menschen "Cristina" interessiert? Manchmal habe ich das Gefühl, dass unsere Welt durch die ganze Digitalisierung total oberflächlich geworden ist. Die Bilder, Kurzvideos etc. auf Social Media sind immer nur kurze Momentaufnahmen - und meistens nur mit den schönen Momenten des Lebens. Oder hat schon Jemand mal ein Bild von einem Skifahrer auf Instagram gesehen, welcher einen Hang mit scheiss Bruchharsch runterfährt und dabei ausschaut wie der grösste Anfänger? Natürlich poste auch ich immer nur Bilder die "glänzen". Doch auch wenn man das Privileg hat, seinen Traum vom Nomadenleben leben zu dürfen, gibt es dunkle Tage. An solchen Tagen verkrieche ich mich - wie Roger immer sagt - in die Räuberhöhle. Da kann es draussen noch so schön mild und sonnig sein - ich verkrieche mich unter meine Decke auf dem Bett im Sämi. In solchen Momenten hinterfrage ich mein Dasein in unserer Gesellschaft und was eigentlich der Sinn meines "Bestehens" ist? Eine Antwort auf meine philosophischen Fragen und Tiefgänge habe ich übrigens noch nicht gefunden. ;-)
Am Anfang unserer Reise empfand ich es als gemein, dass ausgerechnet jetzt die Corona-Pandemie eingetreten ist. Doch mittlerweile glaube ich, dass es so sein sollte. Wir hätten uns für unsere Reise keinen besseren Zeitraum aussuchen können. Nun sind wir seit bald 12 Monaten unterwegs und wir haben von dem ganzen Corona-Wahnsinn praktisch nur aus den Medien mitbekommen. Und wie das Sprichwort sagt: "Nichts wird so heiss gegessen wie es gekocht wird" - hatten wir auf unserer bisherigen Reise auch überhaupt keine Probleme oder mit Einschränkungen zu kämpfen. Wir haben uns auf unserer Reise bis heute nur zweimal testen lassen. Das erste Mal ganz am Anfang im Mai 2021, als wir nach Frankreich fuhren. Da liessen wir uns vom Medienhype noch beängstigen und haben vorsichtshalber einen Test gemacht. Doch weder irgendwelche Zöllner noch Restaurantbetreiber etc. haben uns jemals nach einem Test oder Zertifikat gefragt. Deshalb haben wir uns im Anschluss nicht mehr testen lassen und konnten ohne Probleme Frankreich, Spanien, Portugal, die Kanaren und Italien bereisen. Nur während meiner Tätigkeit als Bikeguide auf der Transalp von Salzburg nach Venedig erlebte ich hautnah, was es heisst ausgeschlossen zu werden. Als wir damals zum Start der Reise in Salzburg in einem Café auf der Terrasse einen Apéro geniessen wollten, wurde ich als einzige ohne Zertifikat weggewiesen. Ich durfte nicht einmal im Freien mit der Gruppe anstossen. Auch durften sie für mich nichts bestellen. Ich ging dann zurück ins Hotel und konnte nur noch weinen. Ich konnte die Welt und diesen Irrsinn nicht mehr begreifen und fühlte mich wie im falschen Film. Wenn mir noch vor zwei Jahren Jemand gesagt hätte, dass man für einen Restaurant- oder Hallenbadbesuch bald mal eine "Zertifizierung" braucht, hätte ich laut gelacht. Nie im Leben habe ich mir vorstellen können, dass unsere "Möchtegern" fortgeschrittene und zivilisierte Gesellschaft zu sowas fähig ist.
Aber ich möchte gar nicht mehr weiter auf dieses Thema eingehen. Man lässt mich leben wie ich will und ich lasse alle anderen leben wie sie wollen. Dass ich in der Schweiz aktuell nicht in Restaurants, Hallenbäder, Kinos etc. reingelassen werde stört mich überhaupt nicht. Erstens spare ich viel Geld und zweitens haben wir unser Zuhause mit einer warmen Stube, leckerem Kaffee und genügend Essen immer mit dabei.
Nach La Palma fuhren wir übrigens wieder zurück nach Teneriffa und f¨ür die letzten drei Wochen nach Gran Canaria. Am 6. Januar um 8.30 Uhr verliessen wir mit der Fähre die Kanaren und fuhren in 40 Stunden zurück ans Festland nach Huelva. Am Montag, 11. Januar erreichten wir nach vier Monaten on the Road wieder unser Basecamp bei den Eltern von Roger in Sisseln. Seither geniessen wir das wunderschöne Winterwetter und den Pulverschnee im Berner Oberland.
Dies als kurze Zusammenfassung und Erklärung warum unser Blog für ein paar Wochen offline war. Wir haben uns weder getrennt, noch haben Roger oder ich die Welt für immer verlassen. Ich brauchte einfach mal eine Pause. Danke an die lieben Menschen, welche sich nach uns erkundigt und mich ermutigt haben, den Blog weiterzuführen. Es gibt sie also doch, Menschen die mich auch "Live" sehen und Dinge mit mir unternehmen möchten!!
Danke fürs Lesen und dass ich so sein darf wie ich bin. Denn alle, egal welche Hautfarbe, welche Herkunft und welche Einstellung, haben einen Platz in unserer Gesellschaft verdient und gehören akzeptiert zu werden.
Pura Vida
Cristina
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Vreni (Sonntag, 16 Januar 2022 09:06)
han ech mech gfreut weder chönne teilnäh a Dinere Reis ech wönsche Der häb Chraft zom das doreschtoh
bes schpöter Vreni
Cornelia (Sonntag, 16 Januar 2022 09:21)
Morz schön -sider zrugg!
Bea (Sonntag, 16 Januar 2022 21:06)
So cool, dass du uns wieder auf euerer Reise mitnimmst. Ich habe mich sehr gefreut, als ich bemerkt habe, dass ihr wieder online seid. Vielen herzlichen Dank Cristina