Nun leben wir bereits vier Monate in unserem Bijou und entdecken immer wieder Neues. Dass wir uns mit dem Kauf inklusive allem Inventar auf ein Überraschungsei einlassen würden, das war uns bewusst. Doch was wir tatsächlich alles vorfinden würden, das haben wir uns in den kühnsten Träumen nicht vorgestellt. Menschen zu vertrauen fällt mir seit ich denken kann schwer. Leider haben viele negative Erfahrungen in meinem bisherigen Leben nicht dazu beigetragen, unbekannten sowie bekannten Menschen mein Vertrauen zu schenken. Auch beim Hauskauf hat mich mein Bauchgefühl wieder einmal nicht im Stich gelassen. Unser Verkäufer war am Anfang total nett, aufgeschlossen und empathisch. Je näher der Hauskauf rückte, je knapper alles in seinem geplanten Zeitplan ablief, desto mürrischer und unberechenbarer hat er sich gezeigt. Am Ende hat nur noch Roger mit ihm kommuniziert, weil ich ihm nicht mehr vertraute und die vielen Meinungsänderungen in mir Zweifel weckten. So habe ich bereits früh geahnt, dass wir nach der Übergabe bestimmt die eine oder andere Überraschung vorfinden werden.
Mittlerweile kennen uns die Mitarbeiter beim Entsorgungshof in Brig. Mehrmals fuhren wir mit vollgestopftem Van in den Entsorgungshof um tonnenweise Alteisen, defekte Geräte und Maschienen, Geschirr, Abfall und sonstigen Schrott zu entsorgen. Immer ein wohltuendes Gefühl, wieder einiges an Balast losgeworden zu sein. Aber es gibt sie auch, die netten, hilfsbereiten Menschen mit einem guten und vertrauensvollem Karma. Ich weiss nämlich nicht, was wir ohne Aron gemacht hätten. Ihn lernte ich über Ricardo kennen, als er meinen alten Veloanhänger ersteigert hatte. Seither ist er unser häufigster Besucher und ein Mensch, der für alles eine Lösung hat, nie aus der Ruhe kommt und fast zu lieb ist für diese Welt. Dank seinem grossen Netzwerk an Menschen mit vielen handwerklichen, manchmal schier Zauberfähigkeiten hat er uns bereits mehrmals geholfen alte Maschinen von unserem Grundstück wegzubringen und ihnen ein zweites Leben einzuhauchen. Auch unseren Bagger hat er heute mit zwei Kollegen den steilen Weg bis zur Strasse mannövriert. Den alten Bagger überhaupt wieder anlassen und einigermassen fahrtüchtig zu machen hat ihn und seine Kollegen mehrere Anläufe und Besuche gekostet. Die Batterie war am Arsch und der Bagger in einem desolaten Zustand. Irgendwie haben sie es heute geschafft den 1.2 Tonnen schweren Bagger hochzubringen. Ich konnte fast nicht zuschauen, weil ich Angst hatte, der Bagger würde auf dem steilen Weg plötzlich kippen. Aron war bei der ersten Besichtigung euphorisch wie ein kleiner Junge. Und weil er seine Versprechen immer hält, hat er sich nicht zurückgezogen und den Bagger mit unendlichem Aufwand weggebracht. Ich bin ihm und seinen Kollegen unglaublich dankbar und hoffe, dass der Mechaniker den Bagger wieder so herrichten kann, dass dieser einem Bauern oder Handwerker für einfache Arbeiten noch behilflich sein kann und dass Arons Aufwände nicht für die Katz waren. Doch ich glaube fest ans Karma und dass, wenn man Gutes tut, einem Gutes geschenkt wird. Deshalb durften wir wohl Aron kennenlernen und ich wünsche mir, dass wir ihm und seiner Familie irgendwann etwas zurückgeben können. 💜
Auch beim Holzen durften wir heute auf die Hilfe eines Kollegen zählen. Milo kam gestern Abend zu uns und schlief in unserem Gästezimmer. Nach dem Frühstück hiess es Arbeitskleidung an und ab in den Garten. Milo kletterte auf unseren Rosskastanienbaum und sägte Ast um Ast ab, bis nur noch der Strunk übrig blieb. Den Umgang mit der Motorsäge habe ich vor über 10 Jahren von Res gelernt. Ich durfte ihn ein paar Mal bei Holzerarbeiten bei Freunden oder Privatkunden begleiten und ihm als Assistentin zur Seite stehen. Das letzte Mal ist aber bereits 9 Jahre her und dementsprechend nervös war ich, als mir heute Roger eine unserer Motorsägen in die Hand drückte und ich mit Entasten und Äste zerkleinern begann. Schnittschutzhosen habe ich noch keine, dafür einen viel zu grossen Helm mit Pamir-Ohrenschutz. Bald war ich richtig im Flow und es war so cool auch mal holzen zu dürfen und mich handwerklich zu betätigen. Milo zeigte uns noch wie wir die Motorsäge putzen und pflegen müssen, wie man die Kette strafft und auf was man sonst noch schauen muss. Weiter hat er unsere unzähligen Ketten sortiert und alles beschriftet. Auch die grosse Säge funktioniert. Jetzt müssen wir beide Sägen dann mal gründlich reinigen und das Auseinandernehmen üben. Ich habe Blut geleckt und werde mich im Frühling für einen Einsteiger Holzerkurs anmelden. Roger musste um drei Uhr zurück ins Unterland an ein Fest bei seinen Freunden, Milo fuhr zurück ins Tessin und ich sägte noch etwas weiter und absolvierte noch das Krafttraining beim Holz spalten. Auch da habe ich viel gelernt und ich liebe es mit voller Wucht draufloszuhacken. Zum Glück bin ich hier alleine, weil ich beim Holzhacken nämlich immer Selbstgespräche führe, mich ansporne und mega Freude habe, wenn ich einen zähen Holzrugel doch noch bodigen konnte.
Nun bin ich müde und happy. Zwar vermisse ich die Zweisamkeit mit Roger. Ich liege auf unserem gemütlichen Sofa. Und dank dem Feuer im Ofen ist es kuschelig warm und das Knistern des Holzes und das Flackern des Kerzenlichts sorgen für ein heimeliges Ambiente.
Und morgen nimmt mich ein Kollege mit auf eine Mehrseillängen Klettertour im Baltschiedertal. Ich hoffe, ich mag dann meine Arme und Finger noch bewegen und dass ich es noch kann. Denn auch meine letzte Mehrseillängen-Tour liegt mehrere Jahre zurück.
Ich wünsche einen wunderschönen Abend und grüsse aus der wohlig, warmen Stube in unserem kleinen Paradies.
Pura vida
Cristina
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