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Unser erster Winter in der Dorna

Wo soll ich beginnen, was interessiert unsere Leser und was darf / kann ich alles preisgeben. Ich sitze an unserem Küchentisch, draussen ist es immer noch hell, frühlingshaft mild und in der Küche knistert das Feuer im Ofen. Roger arbeitet etwas am Haus und ich lasse die letzten Wochen und den heutigen Tag Revue passieren. 

 

Bei all unseren Besuchen von Freunden im Sommer und Herbst war immer unsere steile (25 %) Zufahrtsstrasse ein Thema. Alle fragten uns, was wir im Winter machen bei Schnee, denn bis zu unserem Haus gibt es keinen Winterdienst der Gemeinde. Ich habe dann immer geantwortet: "Ach was, in Ausserberg, da schneit es sowieso nie!" Und logisch kommt es dann immer anders als man denkt! Bereits im November hat es über Nacht fast einen halben Meter Neuschnee hingelegt und weil es dann für eine längere Zeit kalt blieb, waren wir mehrere Wochen wortwörtlich eingeschneit. Mit dem Auto wegzukommen war auch mit 4 x 4 und Schneeketten undenkbar. Zu Fuss zum Bahnhof war zwar anstrengend durch den tiefen Schnee, aber absolut kein Problem. Und da wir sowieso die meiste Zeit mit ÖV unterwegs sind, haben wir diese "Auszeit" sogar richtig genossen. Dank dem vielen Schnee, hat auch unsere Skitourensaison bereits im November mit tollen Pulvertouren begonnen. 

 

Auch an das Heizen ausschliesslich mit Holz haben wir uns ziemlich schnell gewöhnt. Am Morgen beim Aufstehen war es nie kälter als 13 Grad, in der Regel so zwischen 16 und 17 Grad. Da ich sowieso gerne meine Stirnbänder Tag und Nacht trage, hatte ich auch nie kalte Ohren! ;-) Das Holzen und Holzhacken bereitet uns immer noch Freude und beim Anfeuern haben wir auch unsere eigene Techniken entwickelt. Das Leben ohne warmes Wasser hat sich auch als absolut unproblematisch entpuppt. Duschen tue ich, wenn ich Bouldern oder Schwimmen gehe und wenn ich mal Kleider zu waschen habe, dann nimmt Roger diese am Montagmorgen mit nach Basel und bringt mir diese am Freitagabend frisch gewaschen wieder zurück! Und da ich in Samy mittlerweile eine tolle Freundin in der Nähe gefunden habe, übernimmt jetzt sie teilweise meinen Waschservice! :-) Für Heisswasser habe ich uns einen Wasserkocher für den Holzofen besorgt und zwei Thermokrüge die wir immer wieder befüllen, damit wir ca. 2 Liter heisses Wasser haben und unsere Bettflaschen fürs Schlafengehen füllen können. Im Schlafzimmer hat es keinen Ofen und auch keine Heizung. Weil das Zimmer aber über der Stube liegt, wird es dort nie kälter als 13 Grad und meistens ist es am Morgen wärmer als am Abend wenn ich zu Bett gehe. Wenn Roger am Wochenende bei mir ist, habe ich neben der Bettflasche noch Jemandem zum kuscheln. 

 

Erst durch diese neue Erfahrung wurde mir bewusst wie bequem ich vorher im Goms gelebt habe. Mit Bodenheizung, welche ich über eine App steuern konnte. Es gab immer warmes Wasser, Strom ohne Ende und alles war automatisiert. Sogar einen Geschirrspüler, welchen ich zwar nie benutzt hatte, war damals in der Wohnung vorhanden. Klar, ich gebe zu, es gab auch schon Momente, als ich nach drei Tagen Abwesenheit nach Hause kam und es nur noch 12 Grad in der Küche war und es lange dauerte bis die Wände und alles wieder etwas Wärme gewonnen hatten. Doch auch das habe ich überlebt. Dann bin ich einfach für eine Weile mit Daunenjacke und Mütze im Haus herumgelaufen und habe mir eine Bettflasche unter die Jacke gesteckt. Was uns aber besonders glücklich macht, ist die Gewissheit, dass unsere Wasserleitungen auch bei mehreren Tagen mit - 10 Grad nie eingefroren sind. Unser Bad mit WC befindet sich nämlich im Untergeschoss, wo auch durch das Anfeuern in der Küche und Stube keine Wärme hingelangt. Im Bad war es den ganzen Winter in der Regel zwischen 6 - 10 Grad "warm". Durchschnittlich würde ich sagen so 7 Grad. Da ich aber sowieso nie viel Zeit im Bad verbringe und mich nicht schminken oder frisieren muss, war auch das für mich absolut kein Problem. Der Vorteil dabei ist, man ist am Morgen wirklich wach, wenn man sich bei 6 Grad noch kaltes Wasser ins Gesicht spritzt! ;-)

 

Ich liebe dieses einfache und unkomplizierte Leben und vor allem, dass wir hier tun und lassen können was, wann und wie wir es wollen. Keine Nachbarn, kein Durchgangsverkehr, nur wir, ein Fuchs der ab und zu vorbeischaut, viele Vögel, Mäuse und auch schon Rehe. Das Einzige, was für mein Glück noch fehlt, ist ein Hund. Letzten Herbst sah es kurze Zeit für mich so aus, als meinte es das Schicksal mit mir gut und ich könnte einen Hund übernehmen. Doch es sollte "noch" nicht sein. Auch diese Woche war ich im Berner Oberland bei einem Hundezüchter und habe mir seine Welpen, Mischlinge aus einem Boarder Collie und Entlebuecher Sennenhund, angeschaut und wen wunderts, mich sofort verliebt. Das Herz sagte ja, mein Verstand aber nein. Wer mich auch nur ein bisschen kennt, weiss dass mein Leben bisher immer sehr unstetig war. Einmal da, dann wieder dort, dann hier und auch psychisch oft ein auf und ab. Ich habe einfach noch nicht zu mir selbst gefunden, so muss ich ehrlich zu mir selber sein und mir eingestehen, dass ich noch nicht reif dafür bin. Ein Hund bedeutet grosse Verantwortung und ich will nicht, dass ein so treues Lebewesen unter meinen diversen Schwankungen leiden muss. Auch hier bin ich der Überzeugung, dass alles einen Sinn ergibt und mir irgendwann, irgendwo so ein herziger, kleiner Vierbeiner über den Lebensweg laufen und mein Herz erobern wird. Wenn die Zeit reif dafür ist, wird es sich ergeben. 

 

So, nun noch zu unserem heutigen Abenteuer. Nach meinem Wegzug aus dem Goms habe ich von Goms Tourismus einen Startplatz für den Gommerlauf im Februar sowie das Alpenbrevet im September erhalten. Da ich eigentlich überhaupt nicht der Wettkampf Typ bin und auch nicht gerne alleine an solche Anlässe gehe, habe ich Roger zu seinem Geburtstag einen Startplatz am Gommerlauf geschenkt. Er hat durch seine Hüftoperation den Klassik-Stil für sich entdeckt und so ist er heute um 9.30 Uhr nach ein paar Mal üben im Klassik-Stil an den Start gegangen. Er war viel schneller als gedacht und so wie er mir erzählt hat, hat es ihm sehr gut gefallen und das nächste Mal würde er von Anfang an schneller losgehen, damit er sich einer Gruppe anschliessen kann und nicht alleine gegen den Wind ankämpfen muss. Ich meinerseits habe die 21 km mit den Skating-Skis in Angriff genommen. Mein Start war um 11.00 Uhr. Ich durfte im zweiten Startblock "A" auf die Strecke. Ich habe mich am Ende des Startblocks eingeteilt, was wohl ein Fehler war. Denn schon kurz nach dem Start stürzten andere Fahrer vor mir auf den Boden und blockierten meinen Weg. Es war ein bisschen ein Gerangel. Das Überholen mühsam und vor allem sehr anstrengend. Ich merkte schnell, dass ich erstens nicht viel am Langlaufen war und zweitens schon seit Jahren beim Langlaufen nie mehr meine Komfortzone verlassen hatte! Aber das musste ich jetzt wohl oder übel. Ich verpasste den Anschluss und war von Münster bis Oberwald mehrheitlich alleine unterwegs. Nur ein Mann, aber ständig bei mir im Windschatten... Bereits beim Passieren des Nordischen Zentrums wäre ich am Liebsten direkt ins Ziel abgebogen, aber die vielen Zuschauer und vielen bekannten Gesichter die mich anfeuerten halfen mir, es durchzuziehen. Zu allem Übel war die Loipe an vielen Stellen durch die Wärme total aufgeweicht. Wir mussten uns durch weichen Schnee pflügen und ab Ulrichen fing es dann wegen der Sonne auch noch an zu kleben. Es ging wohl auch anderen so, deshalb hiess es einfach: "Gring achä u secklä!" Irgendwann traf ich dann auf zwei Frauen. Mit Nicole wechselte ich mich dann bei der Führungsarbeit gegen den Gegenwind ab. Die Männer weiterhin im Schlepptau. Keiner hatte die Eier auch mal Führungsarbeit zu übernehmen. Beim letzten Anstieg kurz vor dem Nordischen Zentrum liessen Nicole und ich die anderen Männer stehen. Ich führte dann weiter bis auf die Zielgerade. Mir war von Anfang an bewusst, dass sie dann sicher angreifen würde. Das tat sie dann auch und mir war es wie immer völlig egal. Ich fuhr locker flockig dem Ziel entgegen und genoss die tolle Atmosphäre. Sie wurde in unserer Alterskategorie Ü40 (ja ich bin schon bei den Senioren) 5te und ich doch tatsächlich sage und schreibe 6te! Wer hätte das gedacht. Es war wirklich ein lustiges Abenteuer und ich bin stolz auf mich, dass ich ab und zu sogar meine Komfortzone verlassen und vor allem dass ich trotz Motivationsproblemen in den letzten Tage, das Rennen durchgezogen habe! Im Ziel hat mich Roger mit einem Bier empfangen. Wir sahen dann noch ein paar bekannte Gesichter und genossen das Ambiente in der Festwirtschaft draussen an der Sonne. Beide sind wir happy, dass wir dabei waren und zufrieden mit uns und der Welt. Ein grosses Dankeschön an das gesamte OK für die hervorragende Arbeit. Es war schön am Gommerlauf mal als Athletin dabei sein zu können. Und merci nochmals an Goms Tourismus für den Gratis Startplatz!! Für uns beide war es ein super Training für unser gemeinsames Saison-Highlight Mitte August. Weil ich auch meine Arbeit im OK des Inferno Triathlons abgegeben habe, habe ich als Dank für die geleistete Arbeit einen Gratis Startplatz für die Kategorie Couple erhalten. Roger und ich werden also im August gemeinsam am Start des legendären Inferno Triathlons stehen. Roger als Schwimmer und Läufer und ich werde die beiden Velodisziplinen Rennvelo und Bike übernehmen. Wir freuen uns auf diese gemeinsame Challenge. Bis es aber soweit ist, geniessen wir weiterhin den Winter auf schönen Skitouren und deshalb liebe Frau Holle, lass bitte den Winter zurückkehren, schüttle dein Kopfkissen und lass es "Daunen" schneien :-)

 

Pura vida

Cristina

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Kommentare: 1
  • #1

    Viviane Spielmann (Montag, 24 Februar 2025 08:26)

    Herzliche Gratulation euch beiden-Starke Leistung!
    Danke für die interessanten Einblicke, wie immer ein Genuss zum lesen. �
    Liebe Grüsse Vivi